In dieser Woche hat die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) die Verhandlungen mit den Arbeitgeber*innen des Bäcker-Innungsverbandes Niedersachsen/Bremen für gescheitert erklärt. Im November 2021 hatte die NGG die Verhandlungen mit den Forderungen der Beschäftigten nach armutsfesten Löhnen und Gehältern von mindestens 13 Euro für die untersten Entgeltgruppen und einer deutlichen Erhöhung aller Entgeltgruppen gestartet.
„Nach zahlreichen Verhandlungsrunden und Sondierungen gibt es keine Aussicht auf ein akzeptables Ergebnis. Solange die Verhandlungen mit dem Bäcker-Innungsverband auf Eis liegen, werden wir einzelne Bäckereien auffordern, Löhne und Gehälter durch Haustarifverträge zu erhöhen“, so Verhandlungsführer Rajko Pientka vom NGG-Landesbezirk Nord.
„Der Innungsverband spielt mit dem Feuer. Ohne zeitgemäße Tarifverträge droht Kannibalismus im traditionsreichen Bäckerhandwerk. Schon jetzt zahlen viele Bäckereien mehr als tariflich vereinbart und werben sich gegenseitig Personal ab. Filialen müssen ihre Öffnungszeiten einschränken, weil ihnen das Personal fehlt. Die Beschäftigten werden mit den Füßen abstimmen und in besser bezahlte Branchen wie den Einzelhandel abwandern,“ befürchtet Finn Petersen Vorsitzender des NGG-Landesbezirks Nord.
Erpressungsversuche in den Tarifverhandlungen
Die Bäckereien sind durch die gestiegenen Rohstoff- und Energiepreise und den gesetzlichen Mindestlohn von 12 Euro ab Oktober 2022 in Schwierigkeiten geraten und wollen jetzt Einkommenssteigerungen ab 1. Januar 2022 nur in Verbindung mit einem neuen Entgeltsystem vereinbaren, welches ab Oktober gelten soll.
Das Ziel sei offensichtlich: Mit der Entgelterhöhung durch den Mindestlohn wollen die Arbeitgeber*innen das Entlohnungssystem so umbauen, dass die Personalkosten insgesamt möglichst gering steigen. Wenn die unteren Entgeltgruppen durch einen Mindestlohn steigen, wollen die Bäcker an anderer Stelle geizen. Weniger Entgeltgruppen und geringere Abstände zwischen den Entgeltgruppen führen zwangsläufig zu diesen Einsparungen. Nach dieser Vorstellung sei zu befürchten, dass neu eingestellte Kolleg*innen in den hohen Entgeltgruppen zukünftig weniger Lohn zur Verfügung haben als bisher.
Die NGG ist zu diesen Entgeltstrukturverhandlungen bereit und lässt sich nicht erpressen. Für die Zeit bis zu einer Einigung wollen die Arbeitgeber*innen keine Lohn- und Gehaltserhöhungen zahlen. Es soll sogenannte „Leermonate“ geben, d.h. voraussichtlich 9 Monate keine Erhöhungen. Das ist bei der aktuellen Inflation von 7,4 Prozent im April skandalös. Es ist völlig inakzeptabel, dass in den Bäckereien die Preise erhöht werden, aber die seit Januar 2022 überfällige Lohn- und Gehaltserhöhung von der Innung strikt abgelehnt wird und seinen Mitgliedern auch noch mit Blick auf den Mindestlohn außertarifliche Entgelterhöhungen unterjährig empfiehlt.